Albert Camus, Die Pest

 

Dieses Buch aus dem Jahr 1947 ist der Klassiker für eine Situation wie die derzeitige Pandemie. In der nordafrikanischen Stadt Oran finden sich überall sterbende oder verendete Ratten auf Straßen und Plätzen - ein Vorbote für die ausbrechende Seuche, die die Stadt heimsucht. Als die Pest ausbricht und viele Opfer unter der Bevölkerung fordert, wird die Stadt abgeriegelt. Viele der Maßnahmen kommen einem aus den heutigen Tagen bekannt vor. Während des Romans begleitet man dem Arzt Rieux bei seinen Versuchen, den Menschen zu helfen und der Epidemie etwas entgegenzusetzen - Mitmenschlichkeit. Camus hat in diesem Roman seinen philosophischen und existentiellen Ansichten einen bildhaften Ausdruck verliehen. Der Roman ist eine eindrückliche Darstellung des Absurden, von dem die menschliche Existenz geprägt ist.

Ich habe dieses Buch vor dreißig Jahren kurz nach dem Abitur gelesen. Damals las ich die Beschreibung dieser schrecklichen Epidemie mit einem befremdeten Blick auf eine zeitlich und räumlich weit entfernte Katastrophe. Eine Epidemie ließ sich für einen jungen Menschen in Westdeutschland kaum noch vorstellen als etwas in der Gegenwart Bedrohliches. Vor allem die Aussagen in den letzten Zeilen des Romans waren kaum vorstellbar: Rieux "wusste, was dieser frohen Menge unbekannt war und was in den Büchern zu lesen steht: dass der Pestbazillus niemals aussstirbt oder verschwindet, sondern jahrzehntelang in den Möbeln und der Wäsche schlummern kann, dass er in den Zimmern, den Kellern, den Koffern, den Taschentüchern und den Bündeln alter Papiere geduldig wartet und dass vielleicht der Tag kommen wird, an dem die Pest zum Unglück und zur Belehrung der Menschen ihre Ratten wecken und erneut aussenden wird, damit sie in einer glücklichen Welt sterben."

Nun ist keine Pestepidemie ausgebrochen, sondern eine Pandemie mit einem neuartigen Corona-Virus. Aber die Tragweite dieser Auswirkungen war noch vor vier Monaten nur den allerwenigsten vorstellbar.

Der Roman ist in der neueren Übersetzung von Uli Aumüller erhältlich. Die Übersetzung der abgebildeten Version stammt von Guido G. Meister.

Als Hörbuch ist der Roman auf YouTube in einer Lesung von Ulrich Matthes abrufbar.   

Martin Hinrichs

 

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