Du salbest mein Haupt mit Öl, und schenkest mir voll ein. (Psalm 23, 5)

Eem Anduken - Berührung in Corona-Zeiten

 

Abstand halten! 1,5 - 2 Meter!

Social distancing, Kontaktsperre, das prägt das Leben in Corona Zeiten. Keine Berührung - Bezahlen im Supermarkt geschieht vorzugsweise kontaktlos mit der EC-Karte, ein Händedruck zur Begrüßung erscheint inzwischen wie aus einer anderen Welt, Umarmungen sind völlig undenkbar.

In der Zeitung war zu lesen: Otto Waalkes, 71 vermisst Berührungen am meisten in diesen Tagen. "Ich würde so gern mal wieder umarmt werden!", sagte Otto dem Magazin "Der Spiegel". Als kreativer Mensch bemüht er sich, jeden Tag Kontakt zu halten und Menschen zu berühren: mit seinem Humor, mit seiner Musik und mit seinen Malkünsten. Auf YouTube veröffentlicht er fast jeden Tag ein neues Video mit einer Musik, virtuos vorgetragen auf der Gitarre, mit seiner Malschule für Ottifanten, mit irgendeiner Blödelei.

Otto Waalkes wohnt in Hamburg Blankenese. Mit seinem Nachbarn, dem Liedermacher Rolf Zuckowski singt er manchmal zusammen ein paar Lieder von Balkon zu Balkon. Denn mit einer gemeinsamen ganzjährigen Weihnachtsbäckerei können sich die beiden in diesen Wochen auch nicht trösten. Otto erzählt: "Dann gehen wir beide raus, jeder auf seinen Balkon, Rolf stimmt "De Hamborger Veermaster" an, wir singen gemeinsam und schauen auf die Elbe. Bis einer kommt - einer, der "Ruhe" brüllt".  

Berührung ist tatsächlich das, was viele Menschen in diesen Wochen am meisten entbehren müssen. Wer alleine lebt, hat niemanden zum Anlehnen oder zum Kuscheln, niemanden zum "Anduken", wie es im Plattdeutschen so schön heißt.
Manche mögen mit dieser Situation gut klar kommen. Unsere Kultur ist generell deutlich zurückhaltender mit gegenseitigen Berührungen als Gesellschaften in anderen Ländern. Wissenschaftlich erwiesen ist wiederum: Wer zu wenig Nähe zu den Menschen in seinem engsten Vertrauenskreis zulässt, schüttet weniger Oxytocin aus. Das ist ein Hormon, das im Gehirn produziert wird. Es unterstützt Emotionen und mentale Zustände wie Liebe, Bindungsempfinden, Vertrauen und innere Ruhe. Wer davon zu wenig hat, wird seelisch und körperlich verletzbarer.

Berührungen stärken das Immunsystem. In Berührungen leben wir - wir spüren, dass wir leben, wenn wir etwas berühren. Berührungen sind eine wesentliche Weise, Geborgenheit im Leben empfinden zu können.

Du durchdringest alles;

lass dein schönstes Lichte, Herr,

berühren mein Gesichte.

Wie die zarten Blumen

willig sich entfalten

und der Sonne stille halten,

lass mich so

still und froh

deine Strahlen fassen

und dich wirken lassen.

Gott ist gegenwärtig, Strophe 5 - Gerhard Tersteegen

Viele Menschen müssen zwischenmenschliche Berührungen entbehren in dieser Zeit.
Aber auf bewusste Berührungen muss niemand verzichten. Diese Zeit kann sogar dazu anregen, der Sinnlichkeit des Berührens mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Sehr viel Sinn im Leben erfahren Menschen in der Sinnlichkeit. In jeder Form, etwas zu berühren oder berührt zu werden, kann sie etwas im Körper und in der Seele auslösen.
Das kann man ganz bewusst und gezielt in jeden Tag integrieren. Vertraute Gegenstände des Alltags kann man einmal ganz bewusst und konzentriert in die Hand nehmen und ertasten. Wasser lässt sich schon beim Waschen am Morgen erfühlen und spüren. In jeder Wohnung gibt es eine Vielzahl von Materialien, Stoffen und Texturen, die man mit konzentrierter Sinnlichkeit erfassen kann. Die Sonne auf der Haut spüren ist wunderschön. Wer ein Haustier hat, dem bieten sich viele Möglichkeiten für Berührungen.

An dieser Stelle kommt die Teeologie ins Spiel.
Eine sehr alte Frau lebte mit über hundert Jahren bis kurz vor dem ersten Weltkrieg in Norden/Ostfriesland, Von ihr wird berichtet, dass sie sich mehrmals am Tag die leergetrunkene Teekanne vor das Gesicht hielt. Sie ließ die langsam verströmende Wärme auf ihre stets entzündeten Augen einwirken.
Selbst wenn man nicht unter ständig entzündeten Augen leidet, ist eine leere Teekanne mit ihrer Restwärme sehr empfehlenswert, sich mitten am Tag berühren zu lassen.

Eem anduken - un denn wieder mit Wark!

 

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